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© © Ruhpolding Tourismus/Andreas Plenk

Windbeutel im Schwanenlook

Datum: 14.04.2018
Von: Kathrin Thoma-Bregar

Er ist die reinste Verlockung. Garniert mit reichlich Schlagsahne, gefüllt mit Erdbeeren oder Sauerkirschen oder Wildheidelbeeren, mit Vanilleeis oder Likören. In Ruhpoldings Kaffeehaus „Windbeutelgräfin“ dreht sich alles um den Brandteigkrapfen und seine Herstellung. Ein Besuch in der Backstube.

Der Arbeitstag fängt schon früh am Morgen an

Seit halb fünf Uhr ist Helmut Stemmer schon am Werk. Eins ums andere Blech füllt er mit kleinen Teighaufen, immer fünf nebeneinander in fünf Reihen. Zack, zack und schwungvoll geht es dahin. Was ganz einfach ausschaut, erweist sich im Selbstversuch als heikel. Es ist schwieriger als gedacht den Brandteig schön und gleichmäßig auf dem Backblech zu platzieren. Die Form darf nicht zu platt werden aber auch nicht zu hoch, nicht zu groß, nicht zu klein. Helmut Stemmer spielt seine Erfahrung in die Hände. Seit 2014 führt er gemeinsam mit Tochter Stefanie das traditionsreiche Kaffeehaus „Windbeutelgräfin“. Seitdem produziert der gelernte Koch und Restaurantfachmann rund 65.000 Windbeutel pro Jahr. Jetzt, um 7 Uhr am Morgen, hat er bereits 300 Rohlinge fertig. Der Backofen läuft auf Hochtouren. Alles wird täglich frisch zubereitet.

Die Teigherstellung

„Eigentlich sind Windbeutel ganz einfach zu machen. Am heikelsten ist die Abbrenn“, sagt Helmut Stemmer. Das ist der Arbeitsschritt in der Brandteigherstellung, bei der das Wasser mit der Butter und dem Salz zum Kochen gebracht und das gesiebte Mehl auf einmal untergerührt wird. Dabei bildet sich ein fester Teigkloß, unter den man dann Ei für Ei rührt, bis die Masse weich und glänzend ist. Rund 30 Minuten müssen die Brandteigkrapfen backen, dabei werden sie rund drei Mal so groß. Goldbraun und duftend kommen sie aus dem Ofen. Bis aus ihnen gefüllte Windbeutel werden, müssen sie erst abkühlen. Helmut Stemmer schiebt derweil sofort die nächsten Bleche nach und formt am Backtisch weiter Häufchen. 

Das Café ist bekannt für seine Windbeutel

Dass die Windbeutel das Aushängeschild des Kaffeehauses wurden und es weit über die Landesgrenzen berühmt machten, war mehr oder weniger Zufall. 1949 übernahm eine Frau Richardis von Somnitz den wunderschönen Mühlbauerhof mit der Lüftelmalerei und dem Türbogen aus Ruhpoldinger Marmor. Sie eröffnete dort in der kargen Nachkriegszeit ein Café, und das obwohl sie vom Backen überhaupt nichts verstand. Als sie das geschenkte Rezept eines Gastes ausprobierte, nahm sie viel zu viel Teig. Aus Versehen entstand ein riesengroßer, aber köstlicher Windbeutel. Der bescherte ihr und dem Kaffeehaus fortan den Titel „Windbeutelgräfin“.

Die fertigen Windbeutel

»„Weil Bayerns Märchenkönig Ludwig ein großer Fan der Lohengrin Oper war“«

Helmut Stemmer

Die Beilagen können variieren je nach Geschmack

Helmut Stemmer und seine Tochter Stefanie führen die Tradition der „Windbeutelgräfin“ fort. Die spezielle Anrichtweise der Süßspeise ist sogar patentiert, jeder Windbeutel wird in Schwanenform serviert und trägt den Namen „Lohengrin – Windbeutel“. „Weil Bayerns Märchenkönig Ludwig ein großer Fan der Lohengrin Oper war“ erklärt der Chef.

14 verschiedene süße Windbeutelausführungen gibt es und zusätzlich zwei herzhafte mit Lachs oder Tomaten-Mozzarella. An einem langen Arbeitstisch stehen alle Zutaten bereit, von Sauerkirschen über Erdbeeren und Ananas, bis hin zu Likören und Schlagrahm. Wenn Helmut Stemmer in der Backstube fertig ist und die Gäste herbeiströmen, übernimmt er die Koordination. Über Mikrofon gibt er alle Bestellungen in die Küche weiter. Dort richten Mitarbeiter dann Windbeutel für Windbeutel her. „Bei bis zu 1.400 Gästen am Tag muss der Betrieb reibungslos laufen“, weiß Helmut Stemmer. Zeit zum Durchschnaufen bleibt ihm wenig. Trotzdem wird er Morgen um halb fünf Uhr wieder gutgelaunt in der Backstube stehen.

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