Wichtige Infos auf einen Blick
Wichtige Infos auf einen Blick
Im Café Chiemgau feiert eine fast vergessene Ruhpoldinger Spezialität ihr Comeback.
Butternudeln aus Hefeteig, mit Kompott oder Sauerkraut. Köstlich!
In der warmen Backstube von Wolfgang Heigermoser duftet es herrlich nach frischem Gebäck, Zucker, Schokolade, einem Hauch Zimt und Vanille. Seit 60 Jahren betreibt die Familie die Konditorei in der Hauptstraße 59. Ursprünglich war das Café nur ein Zuverdienst zur Landwirtschaft. Bis in die 1970er Jahre hatten die Heigermosers sogar noch eigene Kühe. Wolfgang hat den Betrieb 2003 übernommen, als dritte Generation. Neben feinen Kuchen, Torten und Pralinen bietet der 40-jährige Konditormeister auf Vorbestellung auch Butternudeln an.
Diese im südlichen Chiemgau bekannte Köstlichkeit kam früher oft auf den Tisch. Auch Wolfgang kennt sie noch aus seiner Kindheit und von der Oma. Die Zubereitung der Butternudeln galt allerdings schon immer als heikel und aufwendig. Weil der empfindliche Hefeteig Zeit braucht, keine Zugluft verträgt, es gerne warm mag aber auch wieder nicht zu warm. „Es heißt Butternudeln zuzubereiten sei viel zu viel Tamtam und Gschiess und diese Meinung hält sich hartnäckig“, weiß Wolfgang. Aber er lässt sich davon nicht abschrecken. Für seine Butternudeln verwendet er ein überliefertes, ortsübliches Rezept, verfeinert mit einer Geheimzutat, die ihm nicht zu entlocken ist.
Der Konditormeister schnürt seine weiße Backschürze und richtet die Zutaten her: Weizenmehl, Eier und viel frische Butter. Den Vorteig, das „Dampferl“, hat er schon tags zuvor angesetzt. Dafür wird lauwarme Milch mit einer Prise Zucker und frischer Hefe glattgerührt, mit einem Esslöffel Mehl bestaubt, einem Geschirrtuch abgedeckt und gehen gelassen. Zusammen mit den restlichen Zutaten knetet Wolfgang Heigermoser nun alles zu einem Teig. Er lässt ihn ruhen, knetet ihn wieder, lässt den Teig erneut stehen und formt schließlich von Hand einzelne Teigkugeln. In der alten gusseisernen Pfanne mit dem Holzdeckel schmilzt er Butter mit Wasser bis es schäumt. Er legt die Nudeln hinein, so dass sie zwei bis drei Zentimeter mit Fett bedeckt sind und lässt sie 20 Minuten frittieren. „Dabei darf man nicht den Deckel hochheben“, warnt der fröhliche Zuckerbäcker.
Zum Schluss wendet Heigermoser die Butternudeln noch einmal kurz. Ob sie dunkel und richtig resch auf den Tisch kommen oder lieber weich, ist Geschmackssache, genauso wie die Beilage. Manche essen sie mit Kompott, Heidelbeeren, Vanillesauce oder Marmelade, andere am liebsten mit Sauerkraut. Auch Wolfgang Heigermoser mag es deftig, so wie bei der Oma.
Dass Butternudeln kleine Kalorienbomben sind, hat einen guten Grund. Es nährte einst Holzknechte und Waldarbeiter. Früher gab es in der Region weder Gemüse noch Kartoffeln oder andere Frischwaren. Teigwaren waren tägliche, notwendige Kost. Mussten die Knechte länger in den Wald, haben sie sich das übriggebliebene Schmalz der Butternudeln mitgenommen und daraus ihr Muas gekocht. Im Gegensatz zu Butter ist Schmalz haltbar und wird nicht ranzig.
Alt werden auch Wolfgang Heigermosers Butternudeln nicht. Die Gästegruppe wartet schon am gedeckten Tisch. Aus einem Gefallen heraus, ein Geschenk einer Großmutter an ihren Enkel, hat das Hefegebäck seine Neubelebung gefunden. Sie selbst zu machen war der Dame zu viel Tamtam. Der Konditormeister schmunzelt - und gönnt sich selbst eine Portion.